Das tschechische Erbrecht ist vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch Nr. 89/2012 Slg. geregelt.
Das Gesetz versteht unter dem Begriff „Erbrecht“ das Recht eines konkreten Subjektes am Nachlass, ggf. einen verhältnismäßigen Anteil hiervon. Der Nachlass bildet dabei das gesamte Vermögen des Erblassers, mit Ausnahme solcher Rechte und Pflichten, die ausschließlich mit der Person verbunden sind, es sei denn das die Schuld anerkannt oder bei einem Organ der öffentlichen Gewalt geltend gemacht wurde.
Unter Erbschaft versteht man den Nachlass beziehungsweise den verhältnismäßigen Anteil hieran.
Erblasser können nur natürliche Personen sein. Ein Mensch wird im Augenblick seines Todes zum Erblasser.
Der Erblasser kann über das Schicksal seines eigenen Nachlasses durch eine Verfügung von Todes wegen entscheiden. Zu den Verfügungen von Todes wegen zählen (i) das Testament, (ii) der Erbvertrag oder (iii) sonstige letztwillige Verfügungen (sog. Kodizille). Falls eine solche Verfügung nicht getroffen wurde, tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
Erben können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein, die bereits zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalles existieren oder aber innerhalb eines Jahres ab diesem Zeitpunkt entstehen.
Das Gesetz sieht in erster Linie für die Kinder des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch vor. Sofern diese aus irgendeinem Grund nicht erben sollten, dann sind deren Abkömmlinge pflichtteilsberechtigt. Der pflichtteilsberechtigte Erbe hat einen Anspruch auf den Pflichtteil. Bei einem volljährigen Erben beträgt der Pflichtteil mindestens ¼ des gesetzlichen Erbteils. Bei einem minderjährigen Erben muss sich der Pflichtteil dagegen auf mindestens ¾ des gesetzlichen Erbteils belaufen.
Der Erblasser kann nicht den Anspruch auf den Pflichtteil begrenzen. Eine solche Verfügung ist nicht wirksam und wird nicht berücksichtigt. Er kann lediglich unter äußerst engen Voraussetzungen einen Erben enterben.
Der Pflichtteilsanspruch begründet keinen Anspruch auf einen Anteil am Nachlass, sondern lediglich auf Geldersatz, der dem Wert des Pflichtteils entspricht.
Das tschechische Recht unterscheidet zwischen drei Arten von Titeln, die ein Erbrecht, also den Übergang des Vermögens vom Erblasser auf die Erben begründen. Es handelt sich dabei um das Testament, den Erbvertrag und die gesetzliche Erbfolge. Sofern weder ein Testament noch ein Erbvertrag vorhanden sind, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Sofern es keinen gesetzlichen Erben geben sollte oder sofern diese die Erbschaft ausschlagen, werden die Vermächtnisnehmer zu Erben im Verhältnis der Werte der zugewendeten Vermächtnisse.
Auf das Erbrecht kann durch einen Vertrag mit dem Erblasser verzichtet werden. Sofern nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt der Verzicht auch für die Abkömmlinge. Verzichtet jemand zugunsten einer anderen Person, gilt regelmäßig, dass der Verzicht nur dann gilt, wenn die begünstigte Person auch tatsächlich Erbe wird.
Der Vertrag über den Verzicht bedarf der Form der öffentlichen Urkunde; zur Aufgabe der Rechte und Pflichten aus einem solchen Vertrag reicht dagegen die Schriftform aus.
Nach dem Tod des Erblassers kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen. Sofern es sich jedoch einen Vertragserben handelt, darf der Erbvertrag diese Möglichkeit nicht ausschließen. Schlägt der Erbe die Erbschaft aus, wird er so behandelt, als ob er nie Erbe geworden wäre.
Die Ausschlagung der Erbschaft bedarf einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem Gericht. Das Erbe kann innerhalb eines Monates ab dem Tag, an dem das Gericht den Erben über sein Recht zur Ausschlagung des Erbes und den daraus resultierenden Folgen belehrt hat, ausgeschlagen werden. Hat der Erbe seinen Wohnsitz im Ausland, beträgt die Frist für die Ausschlagung des Erbes drei Monate. Bestehen hierzu wichtige Gründe, kann das Gericht die Frist für die Ausschlagung des Erbes angemessen verlängern. Mit Ablauf der Frist erlischt das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft.
Die Ausschlagungserklärung eines Erben wird nicht berücksichtigt, wenn der Erbe durch sein Verhalten zu verstehen gibt, dass er das Erbe annehmen will. Des Weiteren bleiben auch solche Willenserklärungen des Erben unberücksichtigt, mit denen er die Erklärung, dass er das Erbe ausschlägt, nicht ausschlägt oder annimmt, widerruft.
Der Erbe, der das Erbe nicht ausgeschlagen hat, kann auf sein Erbe zugunsten eines weiteren Erben verzichten; tut dies ein pflichtteilsberechtigter Erbe, verzichtet er damit auch auf den Pflichtteil mit Wirkung für seine Abkömmlinge. Ist der begünstigte Erbe allerdings mit dem Verzicht nicht einverstanden, bleibt der Verzicht unberücksichtigt.
Autoren:
JUDr. Vojtěch Steininger, LL.M.
Mgr. Hedvika Hartmanová
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